Bekanntschaften...


Der Geburtstags-Abend war dadurch etwas belastet, dass das Spiel „Bayern München“ gegen „Chelsea“ ab 20.30 Uhr die Aufmerksamkeit der meisten Männer und nicht gerade weniger Frauen auf sich zog.  Es war ein „Fernsehbereich“ eingerichtet worden, aus dem die relativ verhaltenen Emotionen zu uns Nichtfans herüberklangen.

Mir gegenüber saß eine Frau in Nataschas Alter, schlank, mit erstaunlich hübschen Händen. Sie lobte nicht nur die ukrainischen Spezialitäten,  welche sie mit gutem Appetit verzehrte und welche am Vorabend bis weit nach Mitternacht hinein zubereitet worden waren, sondern fragte auch angenehm unaufdringlich nach unserem Leben in der für sie bisher relativ unbekannten Ukraine.

Weil mich ihre eigenwillige, zielstrebige und doch sanfte Art im Umgang so faszinierte, kamen wir durch meine direkte Frage nach ihrem Beruf auch auf den Bereich, in dem sie schon seit 18 Jahren tätig ist – auf die Altenpflege.
So ganz nebenbei erfuhr ich, dass sie eine gelernte Bankkauffrau ist. Unbefriedigt von ihrer einstigen Arbeit, hatte sie sich entschlossen, etwas Neues zu wagen. Zu meiner Verwunderung erfuhr ich auch, dass sie damit eine Familientradition unterbrochen hatte …

Bei einem ihrer gut formulierten Sätze horchte ich auf. Sie sprach davon, dass diese Arbeit nicht selten auch mit der „Sterbebegleitung“ verbunden ist. Hatte ich doch eben an jenem Morgen den Blog meines Freundes Detlef Schwuchow besucht, auf dem er aus gegebenem Anlass dieses Problem und seine Sicht darauf in einem Post veröffentlicht hatte.   http://detlef-schwuchow.blogspot.de/ und darin "Meine Sicht der Sterbebegleitung als Lebenshilfe". 

Ich wurde von ihrer Argumentation regelrecht gefesselt. Ein sehr prägnantes Beispiel: wenn der diese Welt verlassende Mensch einmal verweigert gewaschen zu werden, habe man diesen Wunsch zu respektieren. Das ginge natürlich nicht bis ins Extrem – aber schon eine einzige solche Ausnahme würde von dem Sterbenden bei vollem Bewusstsein auch positiv gewürdigt.

Regina gab mir mit ihren relativ kurzen, aber sehr überzeugenden  Einblicken in ihr Berufsleben, dass für mich bei ihr auch wie „Berufung“ zu sehen ist, ein weiteres Argument, um Detlefs Post kommentierend zu ergänzen. Denn selbst für einen engagierten Altenpfleger wie Regina ist der Mensch in der Übergangsphase „Sterben“ nicht automatisch ein familiär Nahestehender. Sie betreut ihre Schutzbefohlenen mit der ihr – anzumerkenden – humanistischen Ansicht „Liebe deinen Nächsten“ und der Ehrfurcht vor dem Leben und dessen letzter Phase.

Unsere Unterhaltung hatte dabei absolut keinen traurigen Unterton. Wir sprachen miteinander wie zwei Verbündete, die sich darüber austauschten, wie diese Welt durch unsere Aktivität ein wenig mehr an menschlicher Wärme zurückgewinnen könne … Auch und gerade dann, wenn sie so sehr gebraucht wird …

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger



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