Die Abenteuer gehen weiter ...

Bei der Rückreise nach Kiew waren wir ab Berlin zu zweit im Abteil. Der junge Ukrainer - ein Maler. Wir unterhielten uns sehr angeregt. In Poznan (Posen) in Polen stieg ein polnischer Student ein, mit den sich Alexander sehr lebhaft auf englisch austauschte.Die beiden hatten sehr viele Gemeinsamkeiten - deshalb konnte ich ohne Gewissensbisse an meinem Laptop arbeiten. Als Alexander (http://alexandershevchuk.com) dem jungen Polen aus seinen Arbeiten etwas mit einem kleinen Flyer vorstellte, mischte ich mich ein. Ob er (36 Jahre jung) außer den gelungenen interessanten Schönen und den Blumen denn noch kein Thema gefunden habe - ich erinnerte an die "Mutterhände" von Dürer oder die Zeichnungen alter Männer von Michelangelo, alles keine Auftragswerke. Aber mit - für mich - dem Ausdruck von Liebe und Achtung, die der Maler empfand. Außerdem gäbe es da die Arbeit "Laokoon oder die Rolle des Häßlichen in der Kunst" des deutschen Dichters G. E. Lessing. Mir hätte die viel über die Rolle der Gegensätze in Malerei und Bildhauerei gegeben, welche das Andere erst so recht zu empfinden erlauben.
Der junge Mann machte mich berechtig darauf aufmerksam, dass beide erwähnten Bilder keine "Jugendwerke" der genannten, genialen Maler seien und er noch etwas Zeit zum "Reifen" bräuchte. Herzlicher Abschied vor Kiew, als alles zum einzigen Ausstieg drängte.
Für meine Eheliebste hatte ich in Berlin etwas einzukaufen vergessen, was mir kurz vor Kiew einfiel.
Der Versuch, davon abzulenken, ging fehl. die erste Frage nach den Begrüßungküssen: "Hast du ..." Ich hatte nicht und damit den Salat. Allerdings war sie hinter dem Lenkrad und viel begieriger darauf zu erfahren, ob Tochter Sveta sich über die Geschenke gefreut hätte, mein Herz nach der elektronischen Kontrolle vernünftig klopft und anderes mehr.
Daheim die "Prozedur". Unser russischer Jagdspaniel Kai winselte wie krank, raste um mich herum und wurde erst ruhiger, als er mir beide Ohren beleckt hatte, die er in meiner Hockstellung erreicht. Dann kam gravitätisch unser 7 kg schwerer Kater Darik, um mich zu beschnuppern und, nach der leisen Anfrage "Murrrr", auf meinen Schoß zu springen, sich seine Streicheleinheiten zu holen.
Am 11. und 12. März das, was ich hier die "psychologische Wärme" nenne. Von vielen Bekannten auf der Straße "Guten Tag", "Schön, dass sie wieder da sind.", "Wie war die Reise?" und andere Bemerkungen. Den Vogel schoß die Verkäuferin in einem Kiosk ab, in welchem wir Getränke kaufen, Prepaid-Karten und was es sonst noch gibt. Olga schreibt auch einmal an, wenn gegen Erwarten das Geld nicht reicht und erst zum Abendspaziergang mit Hund gebracht wird. Sie sah mich an und fragte: "Warum haben sie heute so traurige Augen?" Da war ich verblüfft. "Ich fühle mich aber wohl." "Wahrscheinlich ist da Sehnsucht nach der Heimat dabei."  Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich hier meine Familie hätte, so nette Leute wie sie und keinen Grund zur Traurigkeit. Sie lächelte nur.
Beim Abendspaziergang leistete ich mir eine etwas überraschende Antwort. Ich ging an den Kiosk und sagte zu Olga: "Meine Natascha möchte wissen, warum wir einander so tief in die Augen sehen - bis zur Traurigkeit?" Die Arme errötete bis in die Haarwurzeln. "So war das doch garnicht!" "Olga, machen sie das meiner Natascha klar." "Wenn ich sie sehe, gehe ich gleich auf die andere Straßenseite." Ich merkte, dass ich überzogen hatte und entschuldigte mich lachend. "Jetzt sind auch die Augen fröhlich!" meinte sie versöhnlich.


Bleiben Sie recht gesund!


Ihr


Siegfried Newiger

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